Zum Hauptinhalt springen

Kleinformatige Bilder

Aus einer kreativen Blockade heraus entstanden zunächst Kritzeleien auf 10×10 cm großen Notizzetteln – eine Ersatzhandlung, um die Tuschefedern meiner Rapidographen zu ertüchtigen. Doch bald entwickelte sich daraus ein neuer, spontaner Arbeitsansatz: Die zufälligen Linien wurden interpretiert, koloriert und weitergestaltet. So nahm eine eigene Bildsprache in Kleinformat Gestalt an.

Die Entstehung der Kleinformatigen

Ursprünglich bestand die Idee eine gemeinsame Veröffentlichung der Schreibtischbilder und der kleinformatigen Bilder vorzunehmen. Im Zuge der Bearbeitung wurde dann aber sehr bald klar, dass der Zyklus der Schreibtischblätter eine Alleinstellung erforderte. Daher nun die eigenständige Herausgabe der kleinen Bilder.

In der Beschreibung der Schreibtischbilder ist die Entstehung der Kleinformatigen bereits kurz gestreift worden. Aus der Verlegenheit nicht weiterarbeiten zu können – die Inspiration bei der Ausgestaltung des Blattes stockte – es lag eine kreative Blockade vor, sind dann die kleinformatigen Bilder entstanden.

Als Ersatzhandlung zum künstlerischen Gestalten, wurde das Werkzeug des Künstlers in Stand gesetzt und ertüchtigt. Gemeint ist die Aufrechterhaltung der Schreib- und Zeichenfähigkeit der genutzten Rapidographen.

Genutzt habe ich mehrere davon, mit Schreibstärken von 0,5, 0,7 und 1,0 mm. Als Schreibunterlage für die Ertüchtigung der Tuschefedern dienten einzelne Blätter eines Notizblockwürfels mit den Abmessungen 10×10 cm.

Nachdem ich mehrere Blätter bekritzelt hatte, kam mir dann die Idee, aus diesen „Kritzeleien“ kleine Bilder zu machen.

Für mich war diese Idee naheliegend! Hatte ich mir doch angewöhnt, bei der Ausarbeitung der Schreibtischblätter den Konturen der Farbgebung und den vorgegebenen Linien, Zahlen, Schriftzügen, aus der Arbeitswelt zu folgen. Was lag da näher als die chaotischen Linien, die sich nun auf den kleinen Blättern befanden, zu interpretieren. Freilich bedurfte es der Farbgebung und der künstlerischen Umgestaltung.

Mit Aquarellfarben sowie verschiedenfarbigen Markern ging ich zu Werke. Das Ergebnis dieses Versuches war kleine Bildwerke, denen man ihre Herkunft aus der chaotischen Kritzelei durchaus ansieht. Dies, obwohl ich bei der weiteren Überarbeitung mit der Tuschfeder, ordnend in das Caos eingegriffen habe.

Diese ersten kleinformatigen Bilder gaben dann Anlass zur Weiterführung dieses künstlerischen Ansatzes. In der Folge sind dann zahlreiche Kleinbilder entstanden, deren Ausprägung durchaus unterschiedlich genannt werden darf.

Für mich zeichnen sich verschiedene Gruppen bei diesen Bildnissen ab. Zum einen solche in denen ich abstrakt die Farben auf dem Blatt kombiniert habe, um sie dann anschließend wie gewohnt, mit der Tuschfeder zu interpretieren.

Zunächst wurde der Farbgebung folgend eine Umrandung geschaffen, dann die vorhandenen Strukturen interpretiert und zu erkennbaren Menschen und Tierwesen, Pflanzen oder Gegenständen ausgearbeitet. Diese Bilder ähneln in ihrer Art und Struktur in gewisser Weise Ausschnitten aus den großen Schreibtischblättern.

Anders sieht es mit den gegenständlichen Kleinbildnissen aus, denen ich mich dann wechselnd in der Folge zuwandte.  Einer jeweiligen Idee oder Eingebung folgend, zeichnete ich mit Markern und Tuschstiften Landschaften, Naturszenen und Naturereignisse. Dabei wird eine spontane Ausdrucksweise in Farbe und Gestaltung gesucht und gefunden. Die detaillierte Interpretation erfolgt dann ebenfalls wieder mit der Tuschfeder, mit der dann die Details herausgearbeitet werden.

Das Interessante bei diesen Bildern ist ihre spontane Entstehung, die sowohl in der Farb- und Linienführung direkt und unmittelbar geschieht und lediglich durch die Interpretation mit dem Tuschstift noch leicht verändert, bzw. verstärkt wird.

Eine weitere Kategorie dieser Kleinbildnisse bilden klischeehafte Wiedergaben von stereotyp auftretenden Motiven der Landschaftsmalerei oder Genres. Hier wirken die dargestellten Motive gegenständlicher und naiver als bei den vorher beschriebenen Kategorien. Auch die Farbgebung ist bewusst dem jeweiligen Klischee entsprechend gewählt, die Wirkung ist zwiespältig. Man kann diese Bildnisse hübsch finden, dabei ist ihre Aussage durchaus kritisch und unangepasst.

Die Schaffung dieser kleinen Bilder diente dem Entrinnen der Ohnmacht, vor dem Versagen einer kreativen Interpretation, bei der Gestaltung der Schreibtischblätter. Dabei ist etwas Neues und wie ich meine, recht Interessantes entstanden. Die einzelnen kleinen Bildnisse stehen für sich, können aber auch in Kombination eigenständige Aussagen machen, die über das Kleinformat hinausgehen.

Durch das Nebeneinanderstellen der kleinen Bilder entsteht eine Abfolge, die in der Reihung der Bilder an Comicblätter erinnern. Gleiche oder ähnlich aufgebaute Bilder, die nebeneinanderstehen, vermitteln den Eindruck einer größer angelegten Landschaftsszene oder aber der Verdeutlichung bestimmter Naturphänomene oder wie bei einer Flusslandschaft der Darstellung eines Wasserlaufes von der Quelle bis zur Mündung oder gegenständlicher, dass Abbild einer Siedlungsansicht oder eines Weinberges oder Landschaft in der Vorbeifahrt. Bei anderen Aneinanderreihungen werden kurze Geschichten erzählt, die sich aus verschiedenen Szenen der einzelnen Bilddarstellungen zusammensetzen.

Eine neuerliche Hinwendung zur interpretierenden Gestaltung des Vorgefundenen, wie bereits bei den Schreibtischbildern praktiziert, leitet eine bewusste Weiterentwicklung ein.

Das noch weiße, unbearbeitete Papier, wird mittels Aquarellfarbe oder Tuschefarbe lasierend feucht bearbeitet. Das nasse Papier mit der jeweils dünn aufgetragenen Farbe – Grundtöne rot, blau, grün, rosa, siena – wird zum Trocknen ablegt. Nach dem Abtrocknen muss das Blatt geglättet werden, um es bearbeiten zu können.

Auf ihm sind farbliche Konturen, Linien, flächige Nuancen, Flecke zu erkennen. Diese werden, so wie vorgefunden, mit dem Tuschestift nachgezeichnet. Nach Abschluss dieses Vorgangs erfolgt eine Betrachtung des Blattes von allen Seiten. An irgendeiner Stelle erkennt man dann eine Kontur, die interpretiert, gezeichnet werden kann. Dies ist der Beginn der kreativen Bearbeitung.

Aus dem ersten Schritt entwickelt sich die Gestaltung des Blattes. Entweder sieht man Neues oder die Spannung des bereits Gezeichneten führt zu einem reflektieren mit der noch zu bearbeitenden Fläche. Die Interpretation, das Fortschreiten der Genese des Bildes geschieht flüssig. Erstaunlich ist, was bei dieser Vorgehensweise an Gestaltung herauskommt. Die ungeplante Schöpfung gebiert auf der Grundlage der zufällig entstandenen Vorgaben eine erstaunliche Vielfalt von Anschauungen.

Mit der Schaffung dieser Kleinbildnisse habe ich mir eine eigene Ausdrucksform geschaffen, die es mir ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit spontane Ideen zu verwirklichen und selbst schnelllebige und flüchtige Ideen aufgreifen zu können. Ich möchte nicht verschweigen, dass mir diese Art des Malens einen weit größeren Genuss oder eine weit größere Befriedigung beschert als die langanhaltende Arbeit an den Schreibtischblättern, welche ich teilweise nicht nur über Wochen, sondern über viele Monate erstreckte. Die Freude am Malen und Zeichnen und das dabei empfundene Glücksgefühl sieht man einigen der Zeichnungen mit Gewissheit an. Ich empfehle die Bilder der Betrachtung und wünsche mir, dass sie Anregungen und Freude vermitteln.

Phoenix und Herr Achenbach
Paradies
Kloster Eberbach Abtshaus
Norbert im Chaos
Tannen am Bach